Das Hinweisgeberschutzgesetz

30.05.2023. 08:57

 

In diesem Artikel möchten wir Sie auf die Inhalte des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes hinweisen. Aktuell ist das Ganze leider noch nicht als konsolidierte Fassung verkündet worden, so dass man sich den finalen Text zusammensuchen muss. Na ja, weiter zuwarten wollen wird aber auch nicht mehr, man möchte ja seinen Kollegen (und Kolleginnen natürlich auch) nicht zu sehr hinterherlaufen und die Nachfragen nehmen zu. 

 

Zumm Gesetzgebungsverfahren hatte ich von Zeit zu Zeit was geschrieben, Details möchte ich Ihnen ersparen. Dazu nur soviel: Das Hinweisgeberschutzgesetz (im Folgenden HinSchG) wurde vom Bundestag nach langem Hin- und Her  am 11.05.2023 beschlossen und am 12.05.2023 im Bundesrat verabschiedet. Mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt im Juni 2023 wird es in Kraft treten. Für die Umsetzung gibt es dann abhängig von der Unternehmensgröße teilweise noch Umsetzungsfristen oder nicht.

Hintergrund des HinSchG ist eine EU-Richlinie (RICHTLINIE (EU) 2019/1937 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden).

 

Zielsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes

 

Das HinSchG regelt den Schutz von natürlichen Personen, die im Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit oder im Vorfeld einer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben und diese an die nach diesem Gesetz vorgesehenen Meldestellen melden oder offenlegen (= Hinweisgebende Personen).

Darüber hinaus werden Personen geschützt, die Gegenstand einer Meldung oder Offenlegung sind, so- wie sonstige Personen, die von einer Meldung oder Offenlegung betroffen sind.

Zum besseren Verständnis des Gesetzes sollte man dessen zentralen Definitionen Nach § 3 kennen. Hier die Wichtigsten:

 

  • Verstöße sind Handlungen oder Unterlassungen im Rahmen einer beruflichen, unternehmerischen oder dienstlichen Tätigkeit, die rechtswidrig sind und die Vorschriften oder Rechtsgebiete betreffen, die in den sachlichen Anwendungsbereich nach § 2 fallen, oder missbräuchlich sind, weil sie dem Ziel oder dem Zweck der Regelungen in den Vorschriften oder Rechtsgebieten zuwiderlaufen, die in den sachlichen Anwendungsbereich nach § 2 fallen.
  • Informationen über Verstöße sind begründete Verdachtsmomente oder Wissen über tatsächliche oder mögliche Verstöße, die bereits begangen wurden oder sehr wahrscheinlich erfolgen werden, sowie über Versuche der Verschleierung solcher Verstöße.
  • Meldungen sind Mitteilungen von Informationen über Verstöße an interne Meldestellen (§ 12) oder externe Meldestellen (§§ 19 bis 24)

 

Regelungen zu den Meldestellen

 

Entscheidend für Unternehmen und z.B soziale Einrichtungen ist natürlich, ob sie eine Meldestelle einrichten müssen und wenn ja, wann und wie.

Aber was für Meldestelle kennt das Hinweisgeberschutzgesetz überhaupt?

 

Externe vs. interne Meldestellen

  • Interne Meldestellen: Meldestellen privater und öffentlicher Beschäftigungsgeber (private Unternehmen, Behörden, Gemeinden etc.).
  • Externe Meldestellen des Bundes und der Länder (also öffentlich-rechtlich):
    • Allgemeine externe Meldestelle des Bundes beim Bundesamt für Justiz, § 19 Abs. 1 S. 1 HinSchG
    • Externe Meldestellen der Länder, § 20 HinSchG
    • Besondere externe Meldestellen des Bundes bei der BaFin und dem Bundeskartellamt, §§ 21, 22 HinSchG
    • Weitere externe Meldestelle des Bundes für Meldestelle beim BMJ, § 23 HinSchG

 

Interne und externe Meldestellen stehen hinweisgebenden Personen gleichrangig zur Verfügung (§ 7 HinSchG).  Zuletzt wurde in  § 7 Absatz 1 Satz 1 folgender Satz eingefügt: „Diese Personen sollten in den Fällen, in denen intern wirksam gegen den Verstoß vorgegangen werden kann und sie keine Repressalien befürchten, die Meldung an eine interne Meldestelle bevorzugen.“  In der Regel dürfte dies auch für Beschäftigungsgeber der vorzugswürdigere Weg sein.

Die interne Meldestelle kann durch das Unternehmen oder z.B. die soziale Einrichtung auf einen externen Dienstleister ausgelagert werden. Es bleibt dadurch auch immer noch eine interne Meldestelle.

 

Pflicht zur Einrichtung interner Meldestellen

Alles was die Interne Meldestellen betrifft findet man in den §§ 12 ff. HinSchG. Es gibt nach dem Gesetz:

  • Private / öffentliche Beschäftigungsgeber mit mindestens 50 Beschäftigten, § 12 Abs. 1, 2 HinSchG

  • Unabhängig von der Beschäftigtenzahl für besonderen Beschäftigungsgeber i. S. d. § 12 Abs. 3 HinSchG, z. B. Wertpapierdienstleistungsunternehmen Börsenträger etc. sowie  Beschäftigungsgeber mit mehr als 249 Beschäftigten.

 

Dabei gelten die folgenden Umsetzungsfristen:

  • Besondere Beschäftigungsgeber und Unternehmen  z.B. soziale Einrichtungen sowie Öffentliche Beschäftigungsgeber mit mehr als 249 Beschäftigten müssen die Regelungen mit dem Tag des Inkraft treten des Gesetzes umsetzen (sicher wir es am Anfang nicht sofort ein Bußgeld geben, wenn es nachvollziehbare Umsetzungprobleme gibt). Es gibt aber keine weitere Umsetzungsfrist.
  • Private Beschäftigungsgeber mit in der Regel 50 bis 249 Beschäftigten ihre internen Meldestellen müssen erst ab dem 17. Dezember 2023 spätestens einrichten (§ 42 HinSchG).  

 

Organisation interner Meldestellen
 

Das klassische Vorgehen bei der Implementierung einer internen Meldestelle dürfte folgendermaßen aussehen:

  • Einen internen Ansprechpartner beauftragen
  • Zum Unternehmen passende Meldekanäle wählen
  • Meldeprozess definieren
  • Einen für alle Mitarbeiter zugänglichen Meldekanal oder  -kanäle implementieren
  • Den Meldeprozess kommunizieren.

 

Der Meldekanal muss auch für sonstige natürliche Personen offenstehen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten mit dem zur Einrichtung der Meldestelle verpflichteten Beschäftigungsgeber in Kontakt stehen!

Hinweisgebende Personen sind in der Regel nach Art 13 DSGVO zu informieren. Da dies in der Regel Beschäftigte sind, sollte dieser Punkt in der allgemeinen Mitarbeiterinformation ergänzt werden.  

Gegenüber betroffenen Personen kann für die interne Meldestelle einen Informationspflicht nach Art. 14 DSGVO bestehen. Ein Information kann aber die Ermittlungen gefährden, daher spricht evtl. Art. 14 Abs. 5 c) DSGVO i. V. m. § 29 Abs. 1 S. 1 BDSG: soweit Informationen offenbart würden, die ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen, gegen eine Information. 

 

Verfahren bei Meldungen bei einer internen Meldestelle

 

Das Verfahren der internen Meldestellen bei Meldungen ist im Gesetz (§ 17 HinSchG) hinreichend genau vorgeschrieben:

  • Die interne Meldestelle bestätigt der hinweisgebenden Person den Eingang einer Meldung spätestens nach sieben Tagen,
  • prüft, ob der gemeldete Verstoß in den sachlichen Anwendungsbereich nach § 2 fällt,
  • hält mit der hinweisgebenden Person Kontakt,
  • prüft die Stichhaltigkeit der eingegangenen Meldung,
  • ersucht die hinweisgebende Person erforderlichenfalls um weitere Informationen und ergreift angemessene Folgemaßnahmen (nach § 18 HinSchG).

 

Die interne Meldestelle hat der hinweisgebenden Person innerhalb von drei Monaten nach der Bestätigung des Eingangs der Meldung oder, wenn der Eingang nicht bestätigt wurde, spätestens drei Monate und sieben Tage nach Eingang der Meldung eine Rückmeldung zu geben.

Die Rückmeldung umfasst die Mitteilung geplanter sowie bereits ergriffener Folgemaßnahmen sowie die Gründe für diese. Eine Rückmeldung an die hinweisgebende Person darf nur insoweit erfolgen, als dadurch interne Nachforschungen oder Ermittlungen nicht berührt und die Rechte der Personen, die Gegenstand einer Meldung sind oder die in der Meldung genannt werden, nicht beeinträchtigt werden.

 

Das ganze Thema Vertraulichkeit der Identität hinweisgebender Personen ist in §§ 8, 9 HinSchG geregelt.

Eine Preisgabe der Identität hinweisgebender Personern kann erfolgen, bei

  • Vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Meldung unrichtiger Informationen zu Verstößen
  • auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörde
  • aufgrund einer behördlichen Anordnung
  • aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung
  • innerhalb BaFin/Bundeskartellamt an eine zuständige Fachabteilung

 

Die Preisgabe der Identität in Meldung genannter Personen kann erfolgen:

  • bei Vorliegen einer Einwilligung
  • sofern dies im Rahmen interner Untersuchungen erforderlich ist
  • sofern dies zur Ergreifung von Folgemaßnahmen erforderlich ist
  • auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörde
  • aufgrund einer behördlichen Anordnung
  • aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung
  • innerhalb BaFin/Bundeskartellamt an eine zuständige Fachabteilung

 

Folgemaßnahmen der internen Meldestelle nach § 18 HinSchG

Als Folgemaßnahmen einer Meldung kann die interne Meldestelle insbesondere interne Untersuchungen bei dem Beschäftigungsgeber oder bei der jeweiligen Organisationseinheit durchführen und betroffene Personen und Arbeitseinheiten kontaktieren, die hinweisgebende Person an andere zuständige Stellen verweisen, das Verfahren aus Mangel an Beweisen oder aus anderen Gründen abschließen oder das Verfahren zwecks weiterer Untersuchungen abgeben an
a) eine bei dem Beschäftigungsgeber oder bei der jeweiligen Organisationseinheit für interne Ermittlungen zuständige Arbeitseinheit oder
b) eine zuständige Behörde.

Die Entscheidungsgewalt hierfür liegt bei der internen Meldestelle bzw. dem externen Dienstleister,  der diese Aufgabe übernommen hat.

 

Anonyme Meldungen?  Vermeidung "falscher" Meldungen


Durch die letzten Änderungen im Vermittlungsausschuss wurde klargestellt, dass der Berschäftigungsgeber nicht verpflichtet ist, anonyme Meldungen zu bearbeiten. Das Gesetz sieht aber vor, dass die interne Meldestelle auch anonym eingehende Meldungen bearbeiten können "sollte". 

Ob eine Meldung personenbezogen eingeht oder nicht kann später auch dann mal relevant werden, wenn ein Auskunftsersuchen nach Art. 15 DSGVO von gemeldeten Personen an den Betreiber der Meldestellen gerichtet wird um die identität des Melders zu erfahren. Dies kann durchaus vollständig zu beantworten sein, wenn die Vorwürfe ersichtlich unberechtigt waren und vermutlich in Schädigungsabsicht erfolgten. Es wäre sinnvoll die Beschäftigten im Rahmen von Schulungen und im Zusammenhang mit den Kontaktkanälen darauf hinzuweisen.

 

Vorteile einer externe Beauftragung zur Erbringung der internen Meldestelle

 

  • Keine Mitbestinmung
  • Keine AV nach Art. 28 DSGVO für den Einsatz einer Software (durch den externen Anbieter) erforderlich.

 

Benötigen Sie einen Dienstleister als interne Meldestelle, dann sprechen Sie uns gerne an!

 

 

 

 

 

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